Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam

Wie könnte sich Climate Engineering auf die UN-Nachhaltigkeitsziele auswirken? Neuer Bericht beim Umweltprogramm der Vereinten Nationen vorgestellt

26.05.2018

Eine gemeinsam mit IASS-Fachleuten erstellte Studie empfiehlt mehr transdisziplinäre Forschung zu den Wechselwirkungen zwischen Climate Engineering und nachhaltiger Entwicklung.

Climate Engineering Report
Jorge Laguna-Celis, Direktor, Governance Affairs Office, UNEP, eröffnet die Veranstaltung, in der Janos Pasztor, Exekutivdirektor von C2G2, den Bericht „Carbon Removal and Solar Geoengineering: Potential implications for delivery of the Sustainable Development Goals” vorstellt.

Die Initiative Carnegie Climate Geoengineering Governance (C2G2) stellte letzte Woche den Ständigen Vertretern des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in Nairobi einen neuen Bericht vor. Darin wird untersucht, wie sich Climate Engineering auf die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) auswirken könnte, die im Jahr 2015 als Teil der Agenda 2030 von Regierungen weltweit beschlossen wurden. Climate Engineering ist ein Oberbegriff für technologische Eingriffe ins Klimasystem durch die Entfernung von Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre oder das Reflektieren von Sonnenlicht weg von der Erde.

Das IASS stand auf Grundlage seiner langjährigen Erfahrungen in der Nachhaltigkeitsforschung und der Erforschung und Bewertung von Climate Engineering bei der Erstellung der Studie als unabhängiger wissenschaftlicher Partner zur Seite. Dabei konnte auf Erfahrungen aus der Konferenzreihe zu Climate Engineering sowie dem Bericht zum Projekt EuTRACE zurückgegriffen werden. Die Autoren der Studie, darunter die IASS-Wissenschaftler Matthias Honegger (Hauptautor) und Stefan Schäfer (Projektleiter für den Bereich Climate Engineering am IASS), untersuchten erstmalig den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu möglichen Wechselwirkungen zwischen Climate Engineering und dem Erreichen der nachhaltigen Entwicklungsziele.

Risiken für sauberes Wasser, Gesundheit, Frieden und Gerechtigkeit

Laut dem Bericht könnten mindestens 13 der 17 Nachhaltigkeitsziele auf die eine oder andere Weise beeinflusst werden, wenn solares Geoengineering oder Technologien zur großflächigen Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre zum Einsatz kommen. Er weist darauf hin, dass manche Arten von Climate Engineering Gefahren für mindestens 9 der 17 SDGs bergen könnten, insbesondere für folgende Ziele: sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen (SDG 6), Gesundheit und Wohlbefinden (SDG 3), keine Armut (SDG 1) sowie Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen (SDG 16). Auch für weitere Ziele erkennt der Bericht Risiken: kein Hunger (SDG 2), Leben unter Wasser (SDG 14), bezahlbare und saubere Energie (SDG 7), menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum (SDG 8) und Leben an Land (SDG 15).

Dem Bericht zufolge gibt es beträchtliche Forschungslücken in Bezug auf die möglichen Auswirkungen durch solares Geoengineering und durch die großflächige Entfernung von Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre. Demnach sind die Anstrengungen, mit denen die weitreichenden Folgen der CO2-Entfernung für die nachhaltige Entwicklung untersucht werden sollten, nicht ausreichend. Viele der entsprechenden Technologien wurden nach Aussage des Berichts noch nicht in großem Maßstab getestet und sind deutlich teurer als bisherige Maßnahmen zur Minderung der CO2-Emissionen. Zudem sieht der Bericht große Unsicherheiten rund um das Thema solares Geoengineering. Von einer Nutzung ohne angemessene weltweite Governance erwarten die Autoren umfangreiche Schäden und deutliche Auswirkungen auf die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele.

Matthias Honegger weist darauf hin, dass diese Auswirkungen dringend analysiert werden müssen: „Trotz des Pariser Abkommens hält die Menschheit momentan Kurs auf eine Erderwärmung um 3 °C, was entsprechend große Gefahren für die menschliche Entwicklung und die Umwelt mit sich bringt. Es gibt die Hoffnung, dass manche der zur Debatte stehenden Technologien – als Ergänzung zur umfassenden, raschen Reduktion der CO2-Emissionen – einen Beitrag zur Risikominderung leisten könnten. Als Gesellschaft müssen wir erforschen, ob dies tatsächlich der Fall sein könnte.“

Mehr transdisziplinäre Forschung erforderlich

Dementsprechend empfehlen die Autoren des Berichts mehr transdisziplinäre Forschung zu den Wechselwirkungen zwischen Climate Engineering und nachhaltiger Entwicklung. Außerdem wünschen sie sich mehr Diversität und Kooperation bei den Forschenden sowie die Einbeziehung vielfältiger gesellschaftlicher Perspektiven. Janos Pasztor, Geschäftsführer bei C2G2 und ehemaliger beigeordneter Generalsekretär der Vereinten Nationen unter dem Generalsekretär Ban Ki-moon, schreibt in seinem Vorwort: „Die Frage nach dem möglichen Einsatz von Technologien zur großflächigen CO2-Entfernung oder zum solaren Geoengineering geht in ihrem Umfang und ihrer Bedeutung weit über einzelne Fachgebiete und Expertenkreise hinaus. Wir müssen Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit Entwicklungsfachleuten sowie Regierungen mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und privatwirtschaftlichen Unternehmen zusammenbringen, wenn wir eine Chance haben wollen, die richtigen Entscheidungen zu treffen.“

Eine weitere zentrale Empfehlung des Berichts unterstreicht die Notwendigkeit von integrierten Politikfolgenabschätzungen, mit denen verschiedene Formen von Politikmassnahmen für Climate Engineering entwickelt- und deren Folgen beleuchtet werden können. Zudem fordern die Autoren eine umfangreiche quantitative Analyse der Risiken und des möglichen Nutzens von Climate Engineering, sowie eine kritische sozial- und geisteswissenschaftliche Erforschung der Rolle von Wissenschaft und Technologien im Zusammenhang mit den Nachhaltigkeitszielen aus.

Die Autoren schließen mit ihrer wichtigsten Empfehlung: Die Governance der Forschung und der mögliche  zukünftige Einsatz von Climate Engineering müssen sorgfältig gestaltet werden, damit die Vereinbarkeit mit nachhaltiger Entwicklung sichergestellt und das Risiko nachteiliger Folgen minimiert wird.

Der Bericht wurde finanziert durch die Carnegie Climate Geoengineering Governance Initiative (C2G2) und wurde gemeinsam von C2G2, Climate Strategies (CS) und Perspectives Climate Research (PCR) mit dem IASS als unabhängigem wissenschaftlichem Partner erstellt.

Der vollständige Text des Berichts ist hier zu finden.

Eine Online-Version mit den wichtigsten Ergebnissen steht hier bereit.

Weitere Informationen zu den im Bericht untersuchten Technologien sind in den IASS Fact Sheets enthalten:

Kontakt

Stefan Schäfer

Dr. Stefan Schäfer

Forschungsgruppenleiter
stefan [dot] schaefer [at] rifs-potsdam [dot] de
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